VIERTEL VOR ULMEN?

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Februar / März 2020


VIERTEL VOR ULMEN?

Meiserich liegt gleich vor Ulmen, ist aber kein Viertel, sondern ein eigenständiges Dorf. Das könnte sich irgendwann ändern.
Dann würde Ulmen um eine singende und spielende Dorfgemeinschaft reicher.

In Meiserich leben 330 Menschen und wenn man die-jenigen mit einem Zweitwohnsitz in den Ferienhäusern mitzählt, sind es 380.
Einst war es ein Bauerndorf, noch in den 80ern wurden die 200-Liter-
Milchkannen in der Nähe der Kirche gesammelt, bis das Milchauto kam.
Binnen weniger Jahre war Schluss mit den Kleinbauern, nachdem die
Politik lieber große Betriebe förderte. Aber Schluss für Meiserich wird es
so schnell nicht heißen. Denn hier stimmt die Infrastruktur:
Die Autobahn ist vor der Tür und alles was Menschen benötigen,
finden sie im nur zwei Kilometer entfernten Mittelzentrum Ulmen.
Kein Wunder, dass hier die Häuser weggehen wie warme Semmeln.

Meiseich-Orsvorsteher Klaus Kutscheid
Ortsvorsteher
Klaus Kutscheid.

Wenn Klaus Kutscheid, Ortsvorsteher, in die Zukunft schaut, hat er eine Idee:
„Irgendwann werden Meiserich und Ulmen
verschmelzen. Denn Ulmen hat keinen Platz
mehr, um sich auszubreiten.
Den haben wir.”
Nicht nur den Platz hat Meiserich,
sondern zwei Institutionen,
die den Zusam¬menhalt fördern. Die eine
heißt Gerlinde Kutscheid. Sie steht,
manchmal auch zusammen mit ihrem Mann
Karl-Heinz, jetzt schon seit mehr als 40
Jahren hinter der Theke. Hier gibt es Bier,
hier darf geraucht werden.

Es wird gekickert, geknobelt, gekartet und dummes Zeug geschwätzt. Nach Feierabend kommen auch die Leute aus den umliegenden Orten,
weil es da ja gar keine Lokale mehr gibt”, sagt die Wirtin. Ortsvorsteher
Klaus Kutscheid wertet die Gaststätte als „den sozialen und kulturellen
Hotspot” der Region.

Meiseich-Gerlinde und Heinz
Gerlinde und Karl-Heinz Kutscheid

Zudem ist es die Nachrichtenzentrale,
denn wenn irgendetwas passiert ist, weiß bei Gerlinde
garantiert zuerst jeder, was los
ist. Hier her kommen die Leute
und erzählen sich, was am Tag passiert ist, was sie erlebt
haben, was es Neues gibt.

Ortsvorsteher Kutscheid: „Auch wenn man als Lokalpolitiker wissen
möchte, wie Entscheidungen beim Volk ankommen, dann kann man das
hier testen.” Nur an eine Regel müssen sich alle halten:
Es wird nicht über andere geredet, sondern nur über allgemeine Dinge.

Die andere Institution ist Andreas Willwer, der als „Eifel-Andy” den Feierlichkeiten einen musikalischen Anstrich verpasst. Entweder tritt er mit Laptop als DJ auf, oder als Alleinunterhalter wahlweise

mit Keyboard oder Akkordeon. Sogar in Sardinien wurde er schon einmal gebucht. Wenn er in anderen Orten spielt, erlebt er oft, dass die Leute kaum noch ein Lied zusammen singen können. Er fürchtet, dass damit ein Stück Kultur verloren gehen könnte. Wenn er dagegen in Meiserich spontan die ‚Quetsch’ auspackt, sei das anders: „Bei uns singen alle mit—vom Kind bis zu den Senioren. Sogar die Jugend ist begeistert dabei.” Eifel-Andy hat seinen Geburtsort noch nie verlassen wollen.

Ein Vereinswappen hat er kreiert,
auf dem eines nicht fehlen durfte:
der runde Stammtisch in Gerlindes Gaststätte. Warum? „An den runden Tisch kann jeder kommen, da ist unendlich viel Platz”, sagt der Hobby-Musiker.

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organge7
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